Staubabscheider: Damit staubhaltige Luft sauber wird

Staubabscheider: Damit staubhaltige Luft sauber wird
Staubabscheider: Damit staubhaltige Luft sauber wird
 
Staub besteht aus in der Luft fein verteilten, kleinen, schwebenden festen Partikeln von beliebiger Form und unterschiedlicher Größe. Naturgemäß ist die Erfassung und Abscheidung von Stäuben, die aus besonders kleinen Partikeln bestehen, schwieriger und kostspieliger als die Abscheidung gröberer Stäube. Gesundheitlich problematisch sind aber gerade die Feinstäube: Ihre Partikel können bis in die Lungenbläschen eindringen, und die kleinen Partikel sind oft besonders stark mit problematischen Stoffen beladen. Feinstäube sind also das Kernproblem der Staubabscheidung.
 
Die grundlegenden Mechanismen aller heute eingesetzten Verfahren zur Staubabscheidung sind seit längerer Zeit bekannt. Unabhängig vom konkreten Abscheideprinzip läuft in allen Abscheidern der gleiche Vorgang ab: Die Staubpartikel werden quer zur Hauptstromrichtung des Gases an eine feste Oberfläche bewegt, an der sie kurzfristig oder andauernd haften. Je nach Verfahren wirken dabei unterschiedliche Kräfte. Stets aber gelangen die Partikel letztendlich in einen Bereich, in dem sie aus dem Gasstrom entfernt sind oder später mechanisch entfernt werden. Wie wirksam der Abscheideprozess ist, gibt der Abscheidegrad an.
 
 Elektrische Abscheider
 
Zu den wichtigsten Apparaten zur Abscheidung fester und flüssiger Partikel aus strömenden Gasen zählen elektrische Abscheider (Elektrofilter). Besonders häufig kann man sie in Kraftwerken, Stahlwerken, Zementwerken, Müllverbrennungsanlagen und in vielen Bereichen der chemischen Industrie finden. Sie werden eingesetzt, wenn weniger als drei Millionen Kubikmeter strömendes Gas pro Stunde (m3/h) gereinigt werden müssen, und wenn die Temperatur des Rohgases unter 450 Grad Celsius liegt.
 
Die ersten Elektrofilteranlagen zur Staubabscheidung wurden in Kalifornien zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gebaut. Damals drohte die Schließung von Unternehmen der metallurgischen und Bindemittelindustrie, welche durch ihre Emissionen (Staub, Schwefel, Arsen, Blei) für Schäden in den dortigen Obstplantagen verantwortlich waren. In jüngster Zeit ist der Einsatz von Elektrofiltern in Müllverbrennungsanlagen vor allem unter dem Aspekt der Dioxin- beziehungsweise Furan-Neubildung kritisch hinterfragt worden. Inzwischen weiß man, dass kein Dioxin entsteht, wenn das Rohgas auf unter 200 Grad Celsius abgekühlt wird, bevor es den Elektrofilter erreicht; dies bedeutet, dass die Anlage bei richtigem Betrieb weniger Dioxin abgibt als eingebracht wird.
 
Elektrofilter nutzen zur Abscheidung die Kraftwirkung, die ein elektrisches Feld auf geladene Teilchen ausübt. Die Staubpartikel werden zunächst elektrisch aufgeladen, bewegen sich dann zu einer entgegengesetzt geladenen Metallplatte, wo sie entladen werden und sich niederschlagen (daher der Name Niederschlagselektrode). Der Staubniederschlag wird über mechanische Abklopfeinrichtungen entfernt oder »abgereinigt«, wie es fachsprachlich heißt.
 
 Filternde Abscheider
 
Von allen Abscheidern haben die auf dem Prinzip der Filtration basierenden Apparate die breiteste Verwendung gefunden. Ihr Anteil am Entstaubungsmarkt beträgt — nicht zuletzt als Folge der gesetzlichen Anforderungen an den Staubgehalt im Reingas — über 60 Prozent mit steigender Tendenz. Filternde Abscheider eignen sich sowohl zur Abgas- als auch Prozessgasreinigung und zur Produktrückgewinnung. Typische Einsatzfelder sind die Kalk-, Zement-, Kohle-, Lebensmittel- und die metallurgische Industrie. Seit einiger Zeit werden sie auch erfolgreich zur Entstaubung von Kesselfeuerungs- und Kraftwerksanlagen oder bei der kombinierten Staub- und Gasabscheidung mit Adsorptionsmittelzusatz verwendet. Zur Entstaubung von Kraftwerksanlagen sind riesige Filterflächen (bis 500 000 Quadratmeter) nötig.
 
Die Entwicklung der filternden Abscheider begann Ende des neunzehnten Jahrhunderts und hatte ihren Ursprung im Mühlenwesen. Die damals patentierten Filter (Saugschlauchfilter und Taschenfilter) besitzen apparative Merkmale, die auch heute noch dominieren: Der zu erfassende Staub wird von einem Gebläse angesaugt und das dabei entstehende Staub-Luft-Gemisch durch ein oder mehrere schlauch- oder taschenförmig gefertigte Filterelemente wieder getrennt. Von Zeit zu Zeit müssen die Filter gereinigt (»abgereinigt«), später erneuert werden — ein Vorgang, der jedem bekannt ist, der im Haushalt einen Staubsauger benutzt.
 
In den Mühlen sollten Tuchfilter der »staubfreien Absaugung und Abblasung von allen Staub erzeugenden Maschinen« dienen und die damals gebräuchlichen Staubkammern ersetzen. Der erste in großen Stückzahlen gebaute Filter — ein Begriff, der in der Staubtechnik seit dieser Zeit üblich ist und häufig auch für nicht filternde Verfahren benutzt wird — geht zurück auf das Patent DRP 38 396 des deutschen Mühlenbauingenieurs W. F. L. Beth aus Lübeck. Er erfand die Saugschlauchfilter. Aus dem gleichen Jahr (1886) stammt ein italienisches Patent für einen Taschenfilter. Beide Techniken werden auch heute noch im großen Umfang eingesetzt.
 
 Wirkungsweise von Abreinigungsfiltern
 
Durchströmt das staubbeladene Gas (das Rohgas) die Filterelemente, so lagert sich der größte Teil des Staubs an dessen Oberfläche ab und bildet mit den bereits abgeschiedenen Partikeln eine zusammenhängende Schicht. Dieser Staubkuchen bewirkt dann überwiegend die weitere Partikelabscheidung, das Filtermedium selbst hat nunmehr vor allem eine Stützfunktion für den abgeschiedenen Staub.
 
Je dicker der Staubkuchen, desto besser ist die Staubabscheidung. Allerdings steigt damit zugleich auch der energetische Aufwand zur vollständigen Erfassung und Reinigung der Prozessgase, denn mit zunehmender Dicke fällt der Druck hinter dem Staubkuchen immer stärker ab. Um diesen Druckverlust auszugleichen, muss das Abgas kräftiger gefördert werden, wozu mehr Energie notwendig ist. Dabei ist mit steigendem Energieeinsatz auch ein besseres Abscheideergebnis möglich. Die Abscheider sind, um übermäßigen Verschleiß zu vermeiden, meist vor dem Abluftgebläse angeordnet. Dieses liefert die notwendige Energie für die Ansaugung und Ableitung des Abgasstroms.
 
Von Zeit zu Zeit — wenn der Druckverlust zu groß geworden ist — muss der Staub von der Oberfläche des Filtermediums abgereinigt, also entfernt werden. Dies geschieht meist durch einen Druckstoß. In einigen Kraftwerksanlagen werden sehr große Schlauchfilter eingesetzt. Bei ihnen wird der Staubkuchen entweder durch Rütteln entfernt, oder die Filterelemente werden von innen nach außen mit Reinluft gespült.
 
 Filtermaterialien in Abreinigungsfiltern
 
In Abreinigungsfiltern befindet sich das Filtermaterial als Fasermatte auf einem Stützrahmen oder Stützkorb. Die größte Bedeutung haben heute mechanisch verfestigte Vliese — die Nadelfilze —, in die zur Verbesserung der Festigkeit meist ein Stützgewebe eingearbeitet wird. In einem Nadelfilz sind die einzelnen Fasern unentwirrbar miteinander verschlungen und gleichmäßig über das gesamte Volumen verteilt.
 
Die Fasermatten bestehen meist aus Kunststoff, wenn die Staubabscheidung bei niedrigen Temperaturen erfolgt. Bei höheren Temperaturen werden auch Fasern aus Teflon, Glas, Mineralien oder Metall in Nadelfilze eingearbeitet; entsprechend steigen auch die Kosten. Filter aus Sinter- und Faserkeramik gewinnen zudem bei der Heißgasentstaubung (bis 1000 Grad Celsius) an Bedeutung. Reine Baumwolle oder einfache Gewebe, die fast ein Jahrhundert lang als Filtermaterial dominierten, werden heute praktisch gar nicht mehr eingesetzt.
 
Dr. Klaus-Peter Meinicke
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Abtrennung gasförmiger Luftverunreinigungen
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Luftverschmutzung und ihre Folgen
 
Luftreinhaltung: Technische Maßnahmen
 
 
Baumbach, Günter: Luftreinhaltung. Entstehung, Ausbreitung und Wirkung von Luftverunreinigungen. Meßtechnik, Emissionsminderung und Vorschriften. Berlin u. a. 31994.
 Förstner, Ulrich: Umweltschutztechnik. Eine Einführung. Berlin u. a. 51995.
 Fritsch, Bruno: Mensch - Umwelt - Wissen. Evolutionsgeschichtliche Aspekte des Umweltproblems. Zürich u. a. 41994.
 Fritz, Wolfgang / Kern, Heinz: Reinigung von Abgasen. Gesetzgebung zum Emissionsschutz, Maßnahmen zur Verhütung von Emissionen. Mechanische, thermische, chemische und biologische Verfahren der Abgasreinigung. Entschwefelung und Entstickung von Feuerungsabgasen. Physikalische Grundlagen, technische Realisierung. Würzburg 31992.
 
Handbuch des Umweltschutzes und der Umweltschutztechnik, herausgegeben von Heinz Brauer. Band 3: Additiver Umweltschutz. Behandlung von Abluft und Abgasen.Berlin u. a. 1996.
 Heintz, Andreas / Reinhardt, Guido A.: Chemie und Umwelt. Ein Studienbuch für Chemiker, Physiker, Biologen und Geologen. Braunschweig u. a. 41996.
 Schultes, Michael: Abgasreinigung. Verfahrensprinzipien, Berechnungsgrundlagen, Verfahrensvergleich. Berlin u. a. 1996.
 
Was Sie schon immer über Luftreinhaltung wissen wollten, Beiträge von Joachim Abshagen u. a. Bearbeitet von Volkhard Möcker u. a. Neuausgabe Stuttgart u. a. 1992.
 Schedler, Karl: Handbuch Umwelt. Technik - Recht. Luftreinhaltung, Abfallwirtschaft, Gewässerschutz, Lärmschutz, Umweltschutzbeauftragte, EG-Umweltrecht. Renningen 31994.

Universal-Lexikon. 2012.

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